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Essstörungen, unser Körperbild & Social Media: Wie der digitale Einfluss unser Selbstbild prägt
Autor: Blog-Redaktion, 12. Dezember 2024
In der heutigen digitalisierten Gesellschaft spielen soziale Medien eine zentrale Rolle bei der Gestaltung unseres Körperbildes. Plattformen wie Instagram und TikTok präsentieren häufig idealisierte Körperdarstellungen, die insbesondere bei jungen Menschen zu Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper führen können. Aktuelle Studien belegen, dass die Nutzung sozialer Medien mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Essstörungen verbunden ist. So zeigt eine Untersuchung der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie, dass bereits eine einwöchige Reduktion der Social-Media-Nutzung positive Effekte auf das Körperbild haben kann. (aus: Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie: "Der Wunsch nach 'Likes' triggert Körperunzufriedenheit und Diätverhalten" DGPM)
Am 27. November 2024 veranstaltete das Therapienetz Essstörung im Rahmen der TNESS Expert Events-Reihe eine Fachveranstaltung zum Thema "Essstörungen, unser Körperbild und Social Media". Die Veranstaltung richtete sich an Fachleute aus der Psychotherapie und verwandten Fachgebieten und thematisierte die Entstehung von Körperidealen im digitalen Zeitalter. Als Hauptreferentin sprach Dr. Julia Tanck, approbierte psychologische Psychotherapeutin und Expertin für Körperbild und Essstörungen. In ihrem Vortrag "Filter, Likes, Looks: Die Entstehung von Körperidealen im digitalen Zeitalter" analysierte sie, wie soziale Medien zur Verbreitung unrealistischer Schönheitsideale beitragen und dadurch das Risiko für die Entwicklung von Essstörungen erhöhen können. Sie betonte die Notwendigkeit, Medienkompetenz zu fördern und therapeutische Ansätze zu entwickeln, die den Einfluss digitaler Medien auf das Körperbild berücksichtigen.
Die Veranstaltung bot eine Plattform für den interdisziplinären Austausch und die Diskussion praxisnaher Lösungen für aktuelle Herausforderungen in der Therapie von Essstörungen. Für das kommende Jahr sind weitere Veranstaltungen geplant, um den Dialog fortzusetzen und aktuelle Forschungsergebnisse zu integrieren.
Der Einfluss von Social Media auf das Körperbild
Empirische Studien zeigen, dass die Nutzung sozialer Medien signifikant mit Körperunzufriedenheit und gestörtem Essverhalten korreliert. Eine Studie der Universität Tübingen fand heraus, dass Jugendliche, die regelmäßig soziale Medien nutzen, häufiger Unzufriedenheit mit ihrem Körperbild äußern und ein höheres Risiko für problematisches Essverhalten aufweisen. (aus: Bundeszentrum für Ernährung: "Social Media und Störungen des Essverhaltens" Bundeszentrale für Ernährung)
Besonders problematisch sind sogenannte "highly-visual social media" (HVSM) wie Instagram und Snapchat, die durch die ständige Präsentation idealisierter Körperbilder den sozialen Vergleich fördern. Marengo et al. (2018) zeigten, dass die Nutzung dieser Plattformen mit erhöhter Körperunzufriedenheit einhergeht. (aus: Marengo et al. (2018): "Der Einfluss der Medien auf das Körperbild" Springer Link)
Darüber hinaus tragen Filter und Bildbearbeitungs-Tools dazu bei, dass unrealistische Schönheitsideale verbreitet werden, was den Druck auf Userinnen und Usern erhöht, diesen Idealen zu entsprechen. Dies kann zu negativen Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und das Körperbild führen.
Essstörungen und Körperbild: Die Rolle der Psychotherapie
In der Behandlung von Essstörungen spielt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körperbild eine wichtige Rolle. Therapeutische Ansätze zielen darauf ab, dysfunktionale Körperwahrnehmungen zu identifizieren und zu modifizieren. Behandlungsleitlinien betonen die Bedeutung einer integrativen Therapie, die sowohl kognitive als auch verhaltenstherapeutische Elemente umfasst. (aus: Herpertz & Herpertz-Dahlmann (2017): "Aktuelle Behandlungsansätze für Essstörungen" Springer Link)
Ein spezifischer Ansatz ist die Spiegelkonfrontationstherapie, bei der Betroffene lernen, ihren Körper bewusst wahrzunehmen und negative Bewertungen zu reduzieren. Empirische Befunde weisen darauf hin, dass diese Methode effektiv zur Reduktion von Körperbildstörungen beitragen kann. (aus: Vocks et al. (2019): "Die Spiegelkonfrontationstherapie zur Behandlung von Körperbildstörungen bei Essstörungen" Hogrefe eContent)
Auch die Förderung von Medienkompetenz ist essenziell, um Betroffene zu befähigen, den Einfluss sozialer Medien kritisch zu reflektieren und deren Auswirkungen auf das eigene Körperbild zu minimieren. So kann ein ganzheitlicher Behandlungsansatz realisiert werden, der den komplexen Zusammenhängen zwischen Mediennutzung, Körperbild und Essstörungen gerecht wird.
Fachveranstaltungen des Therapienetz Essstörung: Einblicke und Ausblick
Unsere kürzlich stattgefundene Fachveranstaltung war ein voller Erfolg und verdeutlichte, wie groß der Bedarf an Fortbildungen zu den Themen Essstörungen und verwandte Thematiken bei Fachpersonal ist. Insbesondere der Wunsch nach praxisorientierten Beispielen und konkreten Lösungsansätzen für den Umgang mit den Auswirkungen von Social Media auf das Körperbild war deutlich spürbar.
Die Veranstaltung bot neben einem interdisziplinären Austausch auch Raum für innovative Ideen und Best Practices, die direkt in der therapeutischen Arbeit Anwendung finden können. Zahlreiche Therapeutinnen und Therapeuten sowie Fachleute aus angrenzenden Bereichen konnten von den wertvollen Einblicken profitieren und neue Impulse für ihre Arbeit mitnehmen.
Aufgrund des großen Interesses und der positiven Resonanz planen wir für das kommende Jahr weitere Veranstaltungen. Diese werden sich mit zentralen Themen rund um Essstörungen, deren Komorbiditäten, Prävention sowie aktuellen Herausforderungen beschäftigen. Ziel ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der Fachwissen ausgetauscht, Erfahrungen geteilt und – wo möglich – neue Lösungsansätze entwickelt werden können.
Fazit
Der Einfluss von Social Media auf unser Körperbild und die Entstehung von Essstörungen ist ein Thema, das uns alle betrifft. Mit Initiativen wie den TNESS Expert Events trägt das Therapienetz Essstörung dazu bei, Bewusstsein zu schaffen und Fachkräfte zu vernetzen. Gleichzeitig bleibt die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit ein zentraler Ansatzpunkt.
Wenn Sie Interesse an den kommenden Veranstaltungen haben oder Unterstützung suchen, besuchen Sie unsere Website oder melden Sie sich für unseren Newsletter an.