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Rückfälle bei Essstörungen: Teil des Heilungsprozesses

Autor: Blog-Redaktion, 28. Februar 2025

Der Weg aus einer Essstörung verläuft selten geradlinig. Rückfälle sind dabei keine Ausnahme, sondern ein Teil des Heilungsprozesses. 

Oft lösen sie Gefühle von Scham, Frustration oder Zweifel aus. Doch ein Rückfall bedeutet nicht, dass der Fortschritt zunichtegemacht wurde. Er kann wertvolle Hinweise darauf geben, welche Faktoren die Essstörung beeinflussen. Gleichzeitig zeigt er, welche Strategien noch weiter gestärkt werden sollten.

In diesem Artikel erfährst du, warum Rückfälle kein Scheitern sind, welche Risikofaktoren sie begünstigen und welche Strategien dabei helfen, langfristig Stabilität zu erlangen.

Warum Rückfälle kein Scheitern sind

Essstörungen sind komplexe Erkrankungen, die oft von psychischen Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen begleitet werden. Heilung verläuft nicht linear und es ist normal, dass es Phasen der Stabilität sowie Momente des Rückfallens gibt. Entscheidend ist nicht, ob ein Rückfall auftritt, sondern wie damit umgegangen wird.

Ein Rückfall zeigt, wo Herausforderungen bestehen und welche Strategien noch gestärkt werden können. Der Umgang mit diesen Situationen kann trainiert werden – und genau hier setzen gezielte Maßnahmen zur Vorbeugung von Rückfällen an.

Rückfälle können genutzt werden, um:

  • individuelle Trigger besser zu verstehen
  • neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln
  • langfristig eine nachhaltige Stabilität zu erreichen

Wie häufig treten Rückfälle auf?

Studien zeigen, dass Rückfälle bei Essstörungen häufig vorkommen. Die Rückfallquote variiert je nach Art der Essstörung und der angewandten Therapieform. Besonders herausfordernd sind Phasen mit erhöhtem Stress, emotionalen Belastungen oder Veränderungen im Alltag.

Doch auch wenn Rückfälle häufig sind, gibt es wirksame Ansätze, um das Risiko zu verringern. Gezielte Therapie, individuelle Rückfallprävention und stabilisierende Strategien sind entscheidend. Ihre Kombination hilft, langfristig auf dem Weg der Genesung zu bleiben. 

Rückfallquoten und Unterschiede zwischen Essstörungen

Essstörungen wie Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung unterscheiden sich in ihren Symptomen. Auch ihre Rückfallquoten und Verläufe sind unterschiedlich.

Anorexia nervosa (Magersucht):

Etwa 30 % der Patient*innen erleiden im ersten Jahr nach einer stationären Behandlung einen Rückfall (Quelle: BZGA)

Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht):

Der Verlauf ist oft durch Phasen der Besserung und anschließende Rückfälle geprägt. (Quelle: Welt.de)

Binge-Eating-Störung:

Emotionale Belastungen wie Stress oder Trauer sind häufige Auslöser für Rückfälle. Psychotherapeutische Behandlung führt bei etwa 50 % der Betroffenen zur vollständigen Heilung (Quelle: Welt.de)

Die häufigsten Ursachen für Rückfälle

Mehrere Faktoren können das Risiko eines Rückfalls erhöhen, darunter:

  • Psychische Begleiterkrankungen: Komorbiditäten wie Angststörungen, Depressionen oder Zwangsstörungen erhöhen das Rückfallrisiko. 
  • Fehlende Bewältigungsstrategien: Mangelnde Stressbewältigung kann zu alten Mustern führen.
  • Soziale Isolation: Fehlende soziale Unterstützung und das Gefühl der Einsamkeit können die Rückfallgefahr verstärken.
  • Perfektionismus und hoher Leistungsdruck: Der Wunsch, alles "perfekt" zu machen, erzeugt zusätzlichen Stress und kann in alte Muster zurückführen.

Rückfälle sind kein persönliches Versagen, sondern ein Teil des Heilungsprozesses.

Sie zeigen, wo Herausforderungen bestehen, und bieten die Chance, Auslöser besser zu verstehen. Wer sich mit den eigenen Rückfallmustern auseinandersetzt, kann gezielt an individuellen Strategien arbeiten, um künftig besser damit umzugehen.

Ein tieferes Verständnis für die Gründe und Risikofaktoren hilft dabei, wirksame Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Fachkräfte und Betroffene können so gemeinsam Wege finden, um langfristige Stabilität zu erreichen und Rückfälle immer besser abzufedern.

Fünf bewährte Strategien zur Rückfallprävention

Rückfälle treten häufig auf, aber es gibt wirksame Strategien, um ihnen entgegenzuwirken. Rückfälle sollen nicht mit Druck vermieden werden. Viel wichtiger ist es, sich selbst besser zu verstehen und stabile Bewältigungsmechanismen zu entwickeln.

Individuelle Auslöser erkennen und verstehen

Rückfälle geschehen oft nicht zufällig, sondern haben bestimmte Auslöser. Dazu gehören Stress, belastende Emotionen, soziale Situationen oder bestimmte Gedankenmuster. 

Ein Tagebuch kann helfen, diese zu identifizieren. Welche Emotionen oder Gedanken gehen einem Rückfall voraus? Wer seine persönlichen Trigger kennt, kann gezielt an ihrer Bewältigung arbeiten.

Mit sich selbst nachsichtiger umgehen

Perfektionismus und hohe Selbstansprüche sind häufig mit Essstörungen verknüpft – und können den Umgang mit Rückfällen erschweren. Statt sich selbst zu verurteilen, kann es helfen, eine mitfühlendere Haltung zu entwickeln. Ein Rückfall ist kein persönliches Versagen, sondern ein Hinweis darauf, welche Strategien noch nicht gefestigt sind. Die Fähigkeit, sich selbst Fehler zu verzeihen und weiterzumachen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung langfristiger Stabilität.

Soziale Unterstützung suchen

Rückfälle gehen oft mit Gefühlen von Scham und Isolation einher. Gerade in schwierigen Momenten kann es helfen, mit vertrauten Menschen zu sprechen. Das können Therapeutinnen, enge Freundinnen oder eine Selbsthilfegruppe sein. Der offene Austausch entlastet, bietet neue Perspektiven und verhindert, dass sich negative Gedanken weiter verstärken.

Kleine, realistische Ziele setzen

Der Heilungsprozess kann herausfordernd sein. Statt sich von großen Veränderungen überfordert zu fühlen, kann es hilfreich sein, kleinere, erreichbare Ziele zu formulieren. Das können bewusste Mahlzeiten sein, der Umgang mit bestimmten Emotionen oder das schrittweise Verändern von Denkmustern. Jedes kleine Erfolgserlebnis stärkt das Vertrauen in den eigenen Weg.

Rückfälle als Lernprozesse betrachten

Ein Rückfall kann helfen, zukünftige Herausforderungen besser zu meistern. 

Sich die richtigen Fragen zu stellen – Was war der Auslöser? Welche Gedanken oder Emotionen spielten eine Rolle? Was hätte in diesem Moment geholfen? – kann helfen, besser auf zukünftige Situationen vorbereitet zu sein. 

Wer Rückfälle als Teil des Lernprozesses akzeptiert, kann langfristig mehr Sicherheit im Umgang mit ihnen gewinnen. Rückfälle sind nicht vermeidbar, aber der Umgang mit ihnen lässt sich trainieren. Mit den richtigen Strategien kann jeder Schritt in Richtung Heilung gefestigt werden, um langfristige Stabilität zu erreichen.

Moderne Therapieansätze zur Rückfallprävention

Fachkräfte entwickeln kontinuierlich neue Ansätze, um Betroffene nachhaltig bei der Rückfallprävention zu unterstützen. Neben klassischen Therapieansätzen gibt es moderne Methoden, die helfen können:

  1. Achtsamkeitsbasierte kognitive Verhaltenstherapie (MBCT)
    MBCT kombiniert kognitive Verhaltenstherapie (CBT) mit Achtsamkeitsübungen. Der Fokus liegt darauf, Gedanken und Emotionen bewusst wahrzunehmen. So lernen Betroffene, nicht impulsiv darauf zu reagieren. Gerade in stressigen Phasen, die oft Rückfälle begünstigen, kann dieser Ansatz helfen, belastende Muster zu durchbrechen.
  2. Acceptance and Commitment Therapy (ACT)
    ACT hilft, belastende Gedanken und Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern sie anzunehmen. Gleichzeitig wird der Fokus auf langfristige persönliche Ziele gelenkt. Dieser Ansatz verhindert, dass Rückfälle entmutigen. Stattdessen hilft er, den Fokus auf die eigene Entwicklung zu behalten.
  3. Neurofeedback
    Neurofeedback misst die Gehirnaktivität in Echtzeit und ermöglicht es Betroffenen, ungesunde Denkmuster gezielt zu erkennen und zu verändern. Diese Methode wird in der Therapie von Essstörungen immer häufiger eingesetzt. Sie hilft, die emotionale Regulation zu verbessern und Stressreaktionen zu verringern.
  4. Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)
    Die DBT wurde ursprünglich zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt. Mittlerweile zeigt sie auch vielversprechende Erfolge in der Therapie von Essstörungen. Sie hilft dabei, emotionale Überforderung und impulsives Verhalten zu regulieren. Durch gezielte Techniken zur Krisenbewältigung und Selbstberuhigung lernen Betroffene, Rückfällen frühzeitig entgegenzusteuern.
  5. Digitale Selbsthilfetools
    Digitale Selbsthilfetools, wie speziell entwickelte Apps oder Online-Programme, können eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Therapie sein. Sie bieten Betroffenen in schwierigen Momenten schnelle Unterstützung. Zudem ermöglichen sie Übungen und den Austausch mit einer unterstützenden Community. 

Rückfälle als Teil des Heilungsprozesses

Rückfälle gehören zum Weg der Genesung. Sie sind kein Zeichen des Scheiterns, sondern zeigen, an welchen Stellen noch Unterstützung oder Strategien benötigt werden. Gezielte therapeutische Ansätze und individuelle Maßnahmen helfen Betroffenen, schwierige Situationen besser zu bewältigen. So kann langfristige Stabilität erreicht werden. 

Fachkräfte spielen eine entscheidende Rolle. Mit maßgeschneiderten Therapieansätzen helfen sie, Rückfälle zu minimieren und eine gesunde Haltung im Umgang damit zu entwickeln. Das Ziel ist nicht, Rückfälle um jeden Preis zu vermeiden. Vielmehr geht es darum, aus ihnen zu lernen und Schritt für Schritt mehr Sicherheit im Heilungsprozess zu gewinnen. 

Hast du oder eine nahestehende Person Schwierigkeiten im Umgang mit einer Essstörung? Unser Team vom Therapienetz Essstörung unterstützt dich gerne individuell.

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