Blog

BITE

Borderline Skills: Training, Notfallkoffer und Alltagstipps

Autor: Blog-Redaktion, 31. Oktober 2024

Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) erleben oft intensive, plötzliche emotionale Schwankungen, die ihr tägliches Leben erheblich beeinflussen können. Diese Gefühle sind häufig mit impulsivem Verhalten verbunden, das die Bewältigung alltäglicher Herausforderungen erschwert. Unser Beitrag gibt einen umfassenden Einblick in die Bewältigungsstrategien und Techniken, die dabei helfen, mit der BPS umzugehen.

Die sogenannte Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT), entwickelt von der Psychologin Marsha M. Linehan in den 1980er Jahren, bietet hierfür eine strukturierte Methode. Die DBT zielt darauf ab, Betroffenen dabei zu helfen, ihre Emotionen zu regulieren, stressige Situationen zu meistern und stabile Beziehungen zu führen. Dieser Beitrag beschreibt spezifische Borderline-Skills, die in der DBT vermittelt werden, sowie praktische Tipps für den Alltag.

Was sind Borderline-Skills?

Die DBT basiert auf vier zentralen Modulen:

  1. Achtsamkeit
  2. Stresstoleranz
  3. Emotionsregulation
  4. Zwischenmenschliche Effektivität

Diese Module umfassen eine Vielzahl von Techniken, die im Alltag angewendet werden können, um emotionale Stabilität zu fördern. Durch regelmäßiges Üben werden die Skills gefestigt und zur Gewohnheit. Nachfolgend erklären wir diese Module und geben praktische Beispiele.

Die vier Module der DBT im Detail

1. Achtsamkeit

Achtsamkeit bedeutet, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, ohne ihn zu bewerten. Diese Technik hilft, Gedanken und Emotionen zu beobachten, ohne sofort auf sie zu reagieren.

  • Beispiel: Die „5-4-3-2-1-Methode“ – dabei wird sich nacheinander auf fünf Dinge konzentriert, die man sieht, vier, die man hört, drei, die man fühlt, zwei, die man riecht und einen, den man schmeckt. Diese Übung kann dabei helfen, sich in stressigen Situationen zu erden.

2. Stresstoleranz

Die Stresstoleranz-Techniken helfen, intensive Emotionen zu bewältigen und in schwierigen Momenten stabil zu bleiben.

  • Beispiel: Halten von Eiswürfeln in den Händen. Der starke Kältereiz lenkt von emotionaler Anspannung ab und hilft, wieder Kontrolle über die Situation zu gewinnen. Alternativ kann auch das Kauen von Kaugummi eine wirksame Ablenkung bieten.

3. Emotionsregulation

Dieses Modul konzentriert sich darauf, Emotionen zu verstehen und zu kontrollieren, anstatt sich von ihnen überwältigen zu lassen.

  • Beispiel: Die „4-7-8-Atemtechnik“. Dabei wird vier Sekunden lang eingeatmet, sieben Sekunden der Atem gehalten und dann acht Sekunden lang ausgeatmet. Diese Atemübung hilft, den Körper zu beruhigen und emotionalen Stress abzubauen.

4. Zwischenmenschliche Effektivität

Hier lernen Betroffene, ihre Bedürfnisse klar auszudrücken und gleichzeitig ihre Beziehungen zu anderen zu pflegen.

  • Beispiel: Die „DEAR MAN“-Technik ermöglicht es, eigene Bedürfnisse durchzusetzen, ohne dabei die Beziehung zum Gegenüber zu gefährden. Die Methode umfasst:
    • Describe: Beschreiben der Situation,
    • Express: Eigene Gefühle ausdrücken,
    • Assert: Eigene Wünsche klar formulieren,
    • Reinforce: Die Konsequenzen verdeutlichen,
    • Mindful: Achtsam bleiben,
    • Appear confident: Selbstbewusst auftreten,
    • Negotiate: Kompromisse finden.

Skill-Beispiele für den Alltag

Die DBT bietet eine Vielzahl an Skills, die sich im Alltag anwenden lassen. Hier einige praktische Tipps:

  • Atemtechniken: Neben der 4-7-8-Technik kann auch tiefes Ein- und Ausatmen in einem ruhigen Rhythmus helfen, emotionale Anspannung zu lindern.
  • Achtsamkeitsübungen: Ein „Body Scan“, bei dem man sich systematisch auf verschiedene Körperregionen konzentriert, fördert die Entspannung und hilft, den Kopf freizubekommen.

Ablenkungstechniken: Intensives Rückwärtszählen in Schritten von Sieben oder körperliche Aktivität wie Sprinten oder Liegestütze kann dabei helfen, überschüssige Energie abzubauen.

Notfallkoffer: Ein praktisches Hilfsmittel in Krisensituationen

Der sogenannte „Notfallkoffer“ ist eine bewährte Methode zur Bewältigung akuter emotionaler Krisen. Es handelt sich dabei nicht um ein physisches Objekt, sondern um eine Sammlung von Techniken und Gegenständen, die schnell verfügbar sind, wenn eine intensive emotionale Reaktion auftritt.

Was gehört in einen Notfallkoffer?

Der Notfallkoffer wird individuell zusammengestellt und enthält oft eine Mischung aus materiellen und mentalen Hilfsmitteln:

  • Sinnesanregungen: Ätherische Öle, ein Anti-Stress-Ball oder beruhigende Musik helfen, die Sinne abzulenken und die Emotionen zu beruhigen.
  • Körperliche Beruhigung: Kühlelemente wie Gel-Packs oder Wärmekissen können helfen, den Körper zu beruhigen und so emotionale Stabilität zu fördern.
  • Ablenkungen: Kreuzworträtsel, Malbücher oder einfache Bastelaufgaben lenken den Fokus vom emotionalen Schmerz weg.
  • Positive Erinnerungen: Fotos oder Briefe erinnern an positive Momente und unterstützende Menschen.
  • Beruhigende Worte: Kleine Notizen mit motivierenden oder beruhigenden Botschaften, die in Krisenmomenten helfen können.

Der Notfallkoffer wird in der Therapie individuell zusammengestellt und geübt, damit Betroffene wissen, wie sie ihn in kritischen Momenten effektiv nutzen können.

Interaktives Skillstraining für Borderline-Patienten

Das interaktive Skillstraining, also das Erlernen und Anwenden von Skills, ist ein zentraler Bestandteil der DBT und fördert die aktive Einbindung der Betroffenen. Interaktives Skillstraining ist eine methodische Herangehensweise, bei der

Betroffene in einem strukturierten Rahmen die wichtigsten Skills erlernen und üben. Die Skills werden sowohl in Einzel- als auch in Gruppensitzungen vermittelt und in einem sicheren Umfeld ausprobiert. Die Anwendung dieser Skills im Alltag beginnt mit kleinen, bewussten Schritten. Es kann hilfreich sein, feste Zeiten oder Routinen zu schaffen, in denen bestimmte Skills gezielt geübt werden, wie z. B. Achtsamkeitsübungen am Morgen oder kurze Pausen zur Emotionsregulation während des Tages. Angehörige und Freunde können ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, indem sie die Anwendung dieser Skills unterstützen. Durch ein Verständnis der verwendeten Techniken können sie Betroffene ermutigen, diese regelmäßig zu nutzen und in schwierigen Momenten daran zu erinnern.

  • Praktische Anwendung: Regelmäßiges Üben ist entscheidend. Hier kann ein Skill-Tagebuch nützlich sein, um Fortschritte festzuhalten und die Anwendung zu reflektieren.

Fazit

Die Anwendung der Borderline-Skills im Alltag und der Notfallkoffer sind wertvolle Werkzeuge für mehr emotionale Stabilität und eine verbesserte Lebensqualität. Mit der richtigen Unterstützung und einem strukturierten Ansatz lernen Betroffene, ihre Emotionen zu regulieren und konstruktiver auf Herausforderungen zu reagieren.

Essstörungen, unser Körperbild & Social Media: Wie der digitale Einfluss unser Selbstbild prägt

Weihnachten und Essstörungen

Prävention von Burnout und Essstörungen im Berufsalltag: Die Rolle der betrieblichen Gesundheitsvorsorge

Autismus und Borderline: Psychische Störungen im Vergleich

Generalisierte Angststörung: Symptome, Ursachen & Behandlung

Umgang mit Borderlinern: Ein Leitfaden für Betroffene & Angehörige

Gesundheit fördern: Prävention von Essstörungen

Dialektisch-behaviorale Therapie: DBT und Essstörungen

Vegan und Essstörung: Ein Überblick

Trauma und Essstörung: Komplexe Wechselwirkung